stifte

Plattform

Die Plattform ist ein in den 1990er entstandenes Dokument, das die damaligen Werte und Ausrichtungen des BDPs wiederspiegelt. Auf der Bundesdelegiertenversammlung im März 2010 in Jena sollte die Plattform in einer Arbeitsgruppe (parallel zu Arbeitsgruppen zu Satzung und GO) aktualisiert werden. Aus dieser Arbeitsgruppe kamen keine Ergebnisse oder Anträge auf die BDV. Seit 2010 wird sie nicht mehr auf Veranstaltungen ausgelegt oder verschickt.

Auf der BDV 2014 wurde auf Antrag des LV Berlin der Passus 2.1. Inklusion eingefügt. Alle anderen Passagen blieben sind unverändert.


 

 

Plattform des Bundes Deutscher PfadfinderInnen e.V.

 

  1. Was verstehen wir heute unter Pfadfinderei? 
  • Welche Lernprozesse wollen wir unterstützen und wie? 
  • Den eigenen Pfad suchen 
  • Gemeinsamer Lernprozess 
  1.  Was hat Kinder- und Jugendarbeit mit Gesellschaftspolitik zu tun?
    1. Inklusion
    2. Soziale Frage
    3. Ökologie
    4. Nationale Frage und Internationalismus
    5. Männerherrschaft und Geschlechterrollen
  1. Arbeitsfelder 
    1. Gruppenarbeit
    2. Offenen Kinder- und Jugendarbeit
    3. Stadtteilarbeit und dörfliche Gemeinwesenarbeit
    4. Sozialarbeit mit Kindern und Jugendlichen
    5. Politische Bildung
    6. Internationale und interkulturelle Arbeit
    7. Kulturarbeit
    8. Geschlechtsspezifische Arbeit
    9. Qualifikation von Ehrenamtlichen
  1. Strukturen 
    1. Ehrenamtlichkeit
    2. Hauptamtlichkeit
    3. Gremien und innerverbandliche Demokratie
    4. Offenheit gegenüber freien Initiativen
    5. Kooperation Ost-West
  1. Schlussbemerkung



     

1. Was verstehen wir heute unter Pfadfinderei?

Welche Lernprozesse wollen wir unterstützen?

Mit Genehmigung der westalliierten Besatzungsmächte gründete sich im Jahr 1948 der Bund Deutscher Pfadfinder (BDP) als Zusammenschluss von siebzehn Nachfolgebünden aus der Weimarer Republik. Beeinflusst durch die Ideen und Methoden des Pfadfindertums, aber auch der deutschen Jugendbewegung, entstand ein nicht konfessionell gebundener Jugendbund, politisch „neutral“ und von keiner Erwachsenenorganisation abhängig.

Bedingt durch pädagogische Reformdiskussionen und beflügelt durch die Ideen und Forderungen der Studentenbewegung veränderte sich der BDP in den sechziger Jahren grundlegend. Der Verband verabschiedete sich unter großen Turbulenzen von autoritären Formen und Inhalten der Pfadfinderei, was letztlich zum Ausschluss aus dem Weltpfadfinderbund führte. Neue Inhalte und Formen flossen in die Arbeit ein und zogen eine verbandliche

Demokratisierung und Professionalisierung nach sich. Eine breite innerverbandliche Diskussion führte Mitte der sechziger Jahre zu einer Öffnung des BDP für Mädchen, die sich im Jahre 1988 auch in der Umbenennung des Verbandes in „Bund Deutscher PfadfinderInnen“ niederschlug. Neben dem Traditionsnamen, der die Herkunft des BDP signalisiert, sind viele Aktivitäten, wie das Singen, Lager und Fahrten, sowie Gruppenarbeit, beibehalten worden, weil sie für uns inhaltlich vertretbar sind und Spaß machen.

Den eigenen Pfad suchen

Suchten Pfadfinderinnen und Pfadfinder früher, sich in der Natur zurechtzufinden, so gilt uns dies heute auch für die Gesellschaft. Mehr denn je muss jedes Mädchen und jeder Junge lernen, sich eigenständig zu orientieren, erkennen, was sie/er will und bedenken, wie dies durchzusetzen ist, ohne die Freiheit der anderen einzuschränken. Dabei hilft es, die Sinne auszubilden, verantwortlich mit dem eigenen Körper und seinen Gefühlen umzugehen und Hände und Kopf gebrauchen zu lernen. Bei den Aktivitäten des BDP, insbesondere auf Fahrten und Lagern, lernen die TeilnehmerInnen soziales Verhalten, Eigenständigkeit und den schonenden Umgang mit der Natur.

Gemeinsamer Lernprozess

Gruppentreffen, Zeltlager und Internationale Begegnungen sind gestaltbare Lern- und Erfahrungsorte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, für TeilnehmerInnen und TeamerInnen. Das Erlernen und bewusste Praktizieren demokratischer Grundsätze ist durch das Einhalten demokratischer Organisationsstrukturen allein nicht möglich. Unter demokratischem Zusammenleben verstehen wir einen nicht endenden persönlichen Prozess, der in der Auseinandersetzung mit anderen und der gemeinsamen Gestaltung des Gruppenalltags zum Ausdruck kommt. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die zu Aktivitäten zusammenkommen, bringen die unterschiedlichsten Bedürfnisse, Wünsche und Fähigkeiten mit. Die Wahrnehmung und Darstellung dieser Vielfalt von Verhalten, Meinungen und Reaktionen darf nicht in Ausgrenzung enden, sondern ist Ausgangspunkt für Auseinandersetzungen um verschiedene Positionen, Macht und Ohnmacht, Verantwortung, formelle und informelle Strukturen.

Das Aushandeln von Kompromissen, sich verabreden und sich an Absprachen halten, muss immer wieder eingefordert und neu erlernt werden. Kinder- und Jugendarbeit im BDP ist kein einseitiges Konsumangebot. Kinder- und Jugendliche werden ermutigt, tragfähige Beziehungen aufzubauen, die es ermöglichen, sich als ganze Person einzubringen und akzeptiert zu werden, sich selbst und andere ernst zu nehmen, unterschiedliche Bedürfnisse wahrzunehmen und zu leben, Konflikte zuzulassen und auszutragen, etwas zu riskieren und Neues auszuprobieren. Der BDP unterstützt und bestärkt Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene darin, diesen Prozess zu gestalten und widmet ihm bewusst Zeit, Raum, Aufmerksamkeit und Wertschätzung.

Entgegen der im gesellschaftlichen Alltag erlebten Ungleichheit und Diskriminierung ist der Grundsatz unserer Arbeit die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen, Frauen und Männern, Menschen verschiedener Nationalitäten und Religionen, Behinderter und Nichtbehinderter, Schwuler und Lesben. Der BDP unterstützt die Entwicklung gleichberechtigter Formen des Zusammenlebens durch das Bewusstmachen von Ungleichheiten und die Entwicklung und Erprobung von Alternativen.

2. Was hat Kinder- und Jugendarbeit mit Gesellschaftspolitik zu tun?

2.1 Inklusion



Inklusion ist ein Querschnittsthema. Die Debatte auch im BDP über Inklusion zeigt, dass dieser Ansatz einen immer größeren Stellenwert bekommt, aber auch, wie wichtig Aufklärung und Erklärung des Begriffs und der Idee ist. Der Begriff „Inklusion“ entstand, als Mitglieder der Behindertenbewegung eine volle gesellschaftliche Teilhabe einforderten und ist seit 2008 in der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen verankert, wird mittlerweile aber erheblich weiter gefasst.

Inklusion bedeutet für den BDP selbstbestimmte Teilhabe für Alle am gesellschaftlichen Leben, in Arbeit, Freizeit, Bildung, Familie, Politik. Diese Teilhabe wird oft aufgrund stereotyper Zuschreibungen und ausgrenzender Merkmale verhindert. Teilhabe wird durch die Beseitigung jeder Form von Barrieren ermöglicht. Das Umfeld muss sich entsprechend verändern, nicht der Mensch selbst (was er_sie oft gar nicht kann). Es gibt nicht nur technische Barrieren sondern auch sprachliche, rechtliche, soziale.

Die Idee der Inklusion betrifft uns alle.

Wir wollen nicht mehr in einer Gesellschaft der Kategorisierung und des Schubladendenkens leben. Zumal klassische Milieus längst durch kleinteilige Subkulturen abgelöst worden sind, die fast immer auch noch gemeinsame Schnittpunkte haben. Normal ist allein die Tatsache, dass Unterschiede vorhanden sind. Diese Unterschiede fassen wir als Bereicherung auf.

Inklusion ist viel mehr als „nur“ Kinder mit und ohne Behinderung das gemeinsame Lernen zu ermöglichen. Inklusion ist die Forderung und Formulierung einer Idee nach einem gesellschaftlichen Paradigmenwechsel. Inklusion funktioniert nur, wenn das absolute Leistungsprinzip überdacht wird, wenn menschliche Werte vor machtpolitischen Interessen wieder mehr in den Vordergrund rücken, wenn es keine wirtschaftlichen und religiösen Dogmen mehr gibt, wenn mehr miteinander, nicht übereinander geredet wird, Machtstrukturen aufgebrochen werden und eine Öffnung in Richtung neuer gesellschaftlicher Utopie stattfindet, sprich: wenn die Gesellschaft sich radikal verändert.

Deshalb ist Inklusion ein langer, schwieriger und dynamischer Prozess. Gegenseitiges Verständnis, im Sinne des Verstehens, nicht des Wegschauens, ist die Grundlage, um den Weg gemeinsam zu gehen.



2.2. Soziale Frage

Die Stellung und die Achtung der Interessen der Kinder und Jugendlichen in der BRD ist schlecht. Im Zentrum des Kapitalismus steht die Vermehrung von Besitz und Kapital. Die Lebensbedingungen der Menschen sind zweitrangig. Es gibt ein Nebeneinander von wachsendem gesellschaftlichen Reichtum und zunehmen der Arbeitslosigkeit und Armut. In der BRD, einem der reichsten Länder der Welt, leben sieben Millionen Menschen unter der

Armutsgrenze, davon 1,5 Millionen Kinder. Die von Politikern unermüdlich wiederholte Aussage „Die Zukunft der Gesellschaft ist die Jugend“ ist eine Phrase, die sich im Handeln der Politik in keiner Weise widerspiegelt. Die Gesellschaft in der BRD ist geprägt von Massenarbeitslosigkeit, zunehmender Armut, Sozialabbau, gesundheitlicher Unterversorgung, Intoleranz, Gewalt, mangelnder Zukunftsperspektive und fehlender solidarischer Orientierung. Die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen sind nicht losgelöst von den allgemeinen zu betrachten. Jugendpolitik muss daher immer Querschnittspolitik sein.

 

Der BDP setzt Schwerpunkte seiner jugendpolitischen Arbeit auf:

  • die Vertretung der Interessen und Rechte von und mit Kindern und Jugendlichen

  • die Schaffung von Beteiligung und Mitbestimmung

  • den Ausbau der Jugendhilfe

  • die Schaffung eines kind- und jugendgerechten Lebensumfeldes

  • die Verhinderung weiteren Sozialabbaus

  • die Unterstützung der Jugendlichen bei der Entwicklung ihrer beruflichen Perspektiven



Kinder- und Jugendarbeit, die die Interessen und Bedürfnisse erkennt und wahrnimmt, muss die gesellschaftliche Auseinandersetzung um lebenswerte Bedingungen selbst aufnehmen. Ein Vertrauen in die Parteipolitik hat sich als falsch erwiesen, die Vertretung der eigenen Interessen muss selbst wahrgenommen werden. Dabei fühlt sich der BDP mit den sozialen und partizipatorischen Bewegungen verbunden.



2.3. Ökologie

Ökologie ist kein Thema, dem man sich nur vor dem Hintergrund relativen Wohlstandes widmen kann. Es geht uns darum, die Erde für heutige und künftige Generationen mit ihrer Artenvielfalt von Flora und Fauna zu erhalten und im Rahmen des Möglichen den Regenerationsprozess des

Ökosystems Erde zu unterstützen. Dazu ist es notwendig, sich mit der Natur in allen Lebensbereichen verantwortungsbewusst auseinander z

u setzen. Der BDP wirkt in der pädagogischen Praxis auf ein verantwortungs- und umweltbewusstes Handeln hin, ohne die globalen Zusammenhänge aus dem Auge zu verlieren. Im politischen Raum unterstützt er Initiativen, die sich für eine ökologische Zukunft einsetzen.

Der BDP ist sich der Grenzen individueller Aktionen bewusst. Das radikale Umdenken, das von jedem Einzelnen gefordert ist, muss sich auch in der Politik niederschlagen. Deshalb stellt der BDP die politischen Forderungen nach:

  • einem partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Industrienationen und den Ländern der sogenannten dritten Welt mit Zielen der sozialpartizipatorischen Bewegungen

  • der Reduzierung des Energie- und Ressourcenverbrauches

  • dem sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie und Umstieg auf regenerierbare Energien

  • der Reduzierung der Schadstoffemissionen

  • der schärferen Ahndung von Umweltverbrechen

  • umfassenden ökologischen Verkehrskonzepten

  • ökologischem Anbau und Herstellung von Lebensmitteln

     

2.4. Nationale Frage und Internationalismus



Der BDP verschreibt sich in seiner Praxis dem pädagogischen Ziel, dass „Auschwitz sich nicht wiederhole“. Identitätsfindung durch Ausgrenzung des Fremden, wie es nationalistischem Denken eigen ist, verurteilen wir.

Über Deutschland lässt sich nicht reden, ohne Verbrechen und Folgen des Nationalsozialismus mitzudenken. Der BDP ermutigt Kinder und Jugendliche, sich mit der deutschen Geschichte auseinander zu setzen. In Projekten der historischen Spurensuche wird die lokale Geschichte zugänglich. Im internationalen Austausch und im Gespräch mit Zeitzeugen wird das Fortwirken der Geschichte bewusst.

Eine Folge des Nationalsozialismus war die Teilung Deutschlands und die daraus resultierende unterschiedliche politische und wirtschaftliche Entwicklung der beiden deutschen Staaten über 45 Jahre. Hier müssen viele Anstrengungen unternommen werden, um zu einer Verständigung der Menschen aus alten und neuen Bundesländern zu kommen. Seit der Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten stellt sich die „nationale Frage“ verschärft, die beinhaltet, wie sich das neue Deutschland definiert. Jede Definition des „neuen Deutschlands“ durch autoritäre Tendenzen im Inneren und durch Großmachtstreben wirtschaftlicher und militärischer Art im Äußeren lehnen wir ab.



Viele Menschen verschiedener Kulturen und Staatsangehörigkeiten wirken beim BDP mit. Wir arbeiten gegen nationalistische und völkische Tendenzen und für eine tolerante und solidarische Gemeinschaft. Der BDP setzt sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft mit gerechter sozialer Verteilung ein. Ebenso setzt sich der BDP für ein friedliches Zusammenleben ohne Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen weltweit ein und lehnt Außenpolitik mit Unterstützung militärischer Mittel ab.

2.5 Männerherrschaft und Geschlechterrollen

Durch den Mut und das Engagement vieler einzelner Frauen und durch die Frauenbewegung ist es Frauen gelungen, aus den ihnen zugewiesenen Rollen herauszutreten und aktiv an der gesellschaftlichen Entwicklung teilzunehmen. Seit Mitte der 80er Jahre und verstärkt seit der politischen Wende werden die von Frauen erkämpften Freiheiten und Einflussmöglichkeiten wieder eingeschränkt. Das zeigt, dass Frauen in Zeiten wirtschaftlichen Abstiegs verstärkt zu den Verliererinnen gehören. Sie werden vom Arbeitsmarkt, insbesondere aus qualifizierten Berufen, gedrängt, durch fehlende Betreuungseinrichtungen für Kinder gezwungen unabgesicherte Jobs, Teilzeit- oder Heimarbeit auszuüben. Mädchen finden schwerer Ausbildungsplätze und haben so weniger die Möglichkeit, ihren Beruf frei zu wählen. Migrantinnen sind hiervon besonders betroffen, da sie im zweifachen Sinne diskriminiert

werden. Alternative Lebensentwürfe, wie z.B. lesbische Lebensformen und feministische Positionen werden zunehmend abgewertet und diffamiert. In den

Medien werden frauenverachtende und antifeministische Berichterstattungen, Meinungen und Parolen unverhohlen wieder aufgegriffen. Solche Ideologien liefern die Begründung dafür, dass Frauen von der Teilhabe an der gesellschaftlichen Macht ausgeschlossen werden.

Geprägt von der Gesellschaft befinden sich Jungen und Männer in einer Machtrolle, die ihnen beginnend mit dem Kleinkindalter von Eltern, Schule, Beruf und Freizeit anerzogen bzw. zugeschrieben wird. Körperliche Stärke und verbales Durchsetzungsvermögen, das sich meist durch Lautstärke ausdrückt, führen zu mehr Erfolg als gefühlbetonter Umgang mit anderen Jungen oder mit Mädchen. Die Aufrechterhaltung des durch die männliche Dominanz und Konkurrenz geprägten Gesellschaftsmilieus ist die Grundlage männlichen Erfolgs. Verhalten sich Männer entsprechend dieser Normen, kommen sie in den Genuss vielzähliger Privilegien. Der Preis dafür ist für einige Männer die Unterdrückung ihrer Gefühle und individuellen Bedürfnisse, sowie die Unfähigkeit, die eigene Identität zu finden. Jungen und Männer projizieren deshalb ihre Gefühlswelt und ihre Bedürfnisse auf Macht und Erfolg in Schule, Beruf oder sozialen Beziehungen. Durch die somit erlangte Anerkennung versuchen sie, ihre verfälschte Identität zu kompensieren. So werden Strukturen geschaffen, die Machtkämpfe zwischen Männern und darüber hinaus die Unterdrückung von Mädchen, Frauen und gesellschaftlicher Minderheiten zur Folge haben.

Für den BDP ist eine Analyse der gesellschaftlichen Entwicklung im Hinblick auf ihre Auswirkungen für Frauen und Männer notwendig und sinnvoll, um:

  • sich an der Ausarbeitung und Förderung von altern ativen Lebens- und Arbeitsmodellen zu beteiligen

  • Mechanismen einzurichten, die ein ausgleichendes Verhältnis in der verbandlichen Gremienarbeit zwischen Mädchen und Jungen sowie Frauen und Männern schaffen

  • eine Verbesserung der gesetzlichen Bedingungen für eine Gleichstellung zu schaffen

  • die verbandseigene Einbindung in eine durch heterosexuelle Normativität geprägte und danach funktionierende Gesellschaft zu erkennen, zu reflektieren und Alternativen im Verbandsalltag und Verbandsleben möglich zu machen.

  • Darüber hinaus sollten die verschiedenen Lebensweisen und -philosophien in andere gesellschaftspolitische Strukturen weitergetragen werden.

3. Arbeitsfelder

3.1 Gruppenarbeit

Das Kennzeichnende von Gruppenarbeit ist, dass einerelativ feste Gruppe über einenlängeren Zeitraum zusammen ist. Die Beziehungsarbeit in diesem Rahmen spielt bei der Bearbeitung von Themen/Medien eine wesentliche Rolle.

Wesentlich ist:

  • Kennen lernen der Eigenarten jedes/r einzelnen

  • Verstehen und Akzeptanz

  • Vertrauen, Geborgenheit und Offenheit

Dies schafft für die Gruppenmitglieder einen größeren Spielraum, um persönliche Fragestellungen, Themen und Problemlagen stärker einzubringen. Es wird nicht eng und ausschließlich an den Themen oder Medien gearbeitet, sondern in der gemeinsamen Freizeitgestaltung auch wesentlich an den Beziehungen.

Wichtigste Ziele der Gruppenarbeit im BDP sind:

  • Förderung der Identitätsstiftung und des Sozialisationsprozesses in der Gruppe, sowie der Vermittlung und Schaffung eines Gruppengefühls

  • Förderung der Selbstorganisation der Gruppe

  • Infragestellung von hierarchischen Strukturen und Abbau ihrer undemokratischen Formen und das Erlernen basisdemokratischen Verhaltens

  • Unterstützung und Know-how-Vermittlung bei der Umsetzung einer in oder mit der Gruppe entwickelten Idee

  • Förderung des Selbstbewusstseins und des Gruppengefühls durch gemeinsame Erlebnisse und über die Präsentation eines „Produktes“

  • die Kritikfähigkeit des Individuums und die Auseinandersetzung zwischen gruppendynamischen und individuellen Ansprüchen zu fördern.

Die Gruppenarbeit im BDP orientiert sich im Arbeitsansatz an drei verschiedenen Schwerpunkten:

1. Bei der freien Gruppenarbeit sind weder Thema noch Medium vorgegeben. Im Mittelpunkt steht das Interesse, sich zu treffen und etwas gemeinsam zu unternehmen. Der „Cliquen"- Charakter und der Wunsch nach gemeinsamer Freizeitgestaltung sind prägend.

2. Bei der themenorientierten Gruppenarbeit ist der gemeinsame Punkt der Gruppe das Interesse am Thema. Entsprechende Medien zur Bearbeitung können als Anregung schon vorgegeben werden oder mit der Gruppe aufgrund ihrer besonderen Interessenlage entwickelt oder erarbeitet werden.

3. Bei der medienorientierten Gruppenarbeit steht das Interesse am Medium (z.B. Foto, Video, Musik, etc..) im Mittelpunkt. Die Themen zurBearbeitung werden in der Gruppe entwickelt und herausgearbeitet.

Eine statistische Abgrenzung dieser Schwerpunkte findet nicht statt, vielmehr ist im Entwicklungsprozess der Gruppe eine dynamische Vermischung wünschenswert.

3.2 Offene Kinder- und Jugendarbeit

Offene Arbeit findet im BDP z.B. auf Abenteuerspielplätzen, durch den Einsatz von Spielmobilen oder in Jugendzentren mittels kurzzeitpädagogischer Maßnahmen statt. Diese Projekte bieten Kindern und Jugendlichen Raum für die Entwicklung und Realisierung eigener Ideen. Sie ermöglichen Angeboten nachzugehen oder eigenen Interessen nachzugehen. Diese Arbeit orientiert sich an den vom BDP formulierten Zielen:

  • Für die Prinzipien der Selbstverwaltung zu sensibilisieren und den Umgang damit zu erlernen

  • Die Vertretung der eigenen Interessen wahrzunehmen

  • Solidarisches Handeln einzuüben

  • Kritikfähigkeit zu fördern

Sie wird oft von jungen Erwachsenen initiiert, die der Jugendgruppenarbeit entwachsen sind und weiter im Verband aktiv bleiben wollen. Die offene Arbeit entwickelte sich aus dem Anspruch des BDP, die stark mittelschichtorientierte Jugendverbandsarbeit auch den gesellschaftlich benachteiligten Kindern und Jugendlichen zu öffnen. Für diese sind Projekte oftmals zentrale Anlaufstelle bis hin zum Familienersatz. Diese Zielgruppenerweiterung erfordert vor allem im Kinderbereich eine hauptamtliche Betreuung. In den Jugendzentren und Jugendcafés nimmt das Erlernen und Praktizieren der Selbstverwaltung einen großen Raum ein. Dieser „offene Raum“ bietet unter anderem die Möglichkeit, den BDP kennen zu lernen und auch Anlaufstelle zu sein, als Clique/ Gruppe Kontakte zu knüpfen. Für Kinder und Jugendliche, die sich nicht auf eine feste Gruppenarbeit festlegen wollen, bietet der BDP die Chance trotzdem aktiv zu werden

3.3 Sozialarbeit mit Kindern und Jugendlichen

Die Kenntnisse und Einsichten, die sich aus der offenen Kinder- und Jugendarbeit ergeben, ebnen den Weg zur sensiblen Sozialarbeit innerhalb der Freizeitpädagogik des BDP. In der offenen Projekt- und Gruppenarbeit bewerten die TeamerInnen sogenanntes gesellschaftliches Fehlverhalten nicht, sondern bieten sich an, zu beraten, beim Umgang mit Behörden vermittelnd zu helfen, zu unterstützen, zubegleiten, sowohl bei schulischen, familiär-erzieherischen, als auch finanziellen Problemen. Sozialarbeit wird hier verstanden als seriöser Umgang mit entgegengebrachtem Vertrauen, persönliche Informationen werden streng vertraulichbehandelt. Dem ganzheitlichen Ansatz entsprechend, bildet Sozialarbeit einen Teil interdisziplinärer Zusammenhänge mit Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit. Einen Teil dieser Sozialarbeit stellt das betreute Jugendwohnen dar. Jugendwohngemeinschaften bieten eine Alternative für Jugendliche, denen komplizierte

Familienverhältnisse mit zerstörerischen Strukturendas Leben zu Hause unmöglich machen. Sie haben in einer WG die Möglichkeit, bei beratender Begleitung sich selbst zu finden und neu zu orientieren. Sozialarbeit heißt hier, einen Bezugsrahmen aufzubauen, der von Offenheit und konstruktiver Auseinandersetzung geprägt ist, in dem gemeinsame Strukturen und Regeln für das Zusammenleben geschaffen werden,als Basis für eine Entwicklung hin zu einem selbstständigen und selbstbestimmten Leben

Ein weiteres Arbeitsfeld ist die ambulante Erziehungshilfe mit dem Ziel, Fremdunterbringung zu vermeiden. Sie steht somit als Hilfsangebot vor der teilstationären und stationären Heimunterbringung. Die Entwicklung des Kindes wird positiv unterstützt. Der Verbleib in der Familie soll gesichert werden. Um Stigmatisierung aufzubrechen, findet diese Arbeit bewusst im Rahmen Jugendverband statt. Die gesamtverbandlichen Zusammenhänge ermöglichen es, ein strukturiertes Umfeld zu schaffen und die Integration zu fördern. Ein weiterer Teil der verbandlichen Sozialarbeit ist die integrative Arbeit mit Behinderten und nicht behinderten jungen Menschen. Hierbei fordert der BDP die vollständige Partizipation und Selbstbestimmung Behinderter im öffentlichen wie im privaten Leben und unterstützt die Entwicklung und Organisation von individuellen Betreuungs- oder Assistenzmodellen, die den Lebensumständen Behinderter angemessen sind. Jugendliche und junge erwachsene Behinderte unterstützt der BDP beim Ablösungsprozess aus einer oftmaligen Überbetreuung im Elternhaus oder institutioneller Unterbringung. Darüber hinaus bemüht sich der Verband, alle seine Angebote und Maßnahmen Behinderten zugänglich zu machen.

3.4 Stadtteilarbeit und dörfliche Gemeinwesenarbeit

In langjähriger pädagogischer Arbeit zeigte sich immer deutlicher, dass soziale Beziehungen, Lebensbedingungen und Lebensräume in die pädagogische Praxis einbezogen werden müssen. Zunehmende Entfremdung und fehlende Identifikation mit dem Lebensraum führt zu sozialer Isolation und Verunsicherung. Rückzug ins Private, passive Konsumhaltung, Aggression und Gewalt sind Auswirkungen davon. Eine aktive, gemeinschaftliche Gestaltung ermöglicht hingegen die kritische Identifikation mit dem Lebensraum und seinem sozialen Gefüge. Diese Arbeit kann nicht als isolierte Kinder- und Jugendarbeit stattfinden, sondern muss alle Betroffenen einbeziehen. Sie ist im Ansatz generationsübergreifend und kooperierend. Zwingend ist daher die Mitwirkung des BDP in regionalen, trägerübergreifenden Arbeitsgemeinschaften. In Projekten der „Spurensicherung“ fördert der BDP

die Erschließung der regionalen Geschichte und Gegenwart und ermutigt zu Gesprächen zwischen den Generationen. Durch die Mitwirkung in Bürgerinitiativen, an Kinder- und Jugendhilfeplanung, mit Zeitungs- undTheaterprojekten, sowie an Stadtteil- und Dorffesten setzt sich die Verbandsarbeit mit dem öffentlichen Leben auseinander und gestaltet es mit.

3.5 Politische Bildung

Politische Bildung rückte im BDP der siebziger Jahre, als man sich von der „neutralen“ und unpolitischen Haltung der traditionellen Pfadfinderei verabschiedet hatte, ins Zentrum der Aufmerksamkeit und Aktivitäten.

Politische Bildung darf nicht mit Parteipolitik verwechselt werden. Sie beinhaltet vielmehr die Aufklärung über gesellschaftliche Zusammenhänge, historische und soziale Hintergründe, öffentliche Angelegenheiten, Machtstrukturen und somit all das, was man an Information und Wissen braucht, um das gesellschaftliche Leben zu verstehen und auch durch Aktionen beeinflussen zu können. Bis heute ist uns im BDP die politische Bildung ein zentrales Anliegen. Die Bedingungen und Formen der traditionellen und direkten politischen Einflussnahme des BDP durch Camps und Aktivitäten, wie in der sozialen, der Anti-Atomkraft, der Friedensbewegung und der neuen Frauenbewegung haben sich über die Jahre weiterentwickelt.

Der BDP ist heute dort im Sinne politischer Bildung erfolgreich, wo in der Gruppenarbeit, der offenen Arbeit, der Kulturarbeit und bei Freizeiten immer wieder nach politischer Auseinandersetzung gesucht wird. Ansätze dafür biet en je nach Situation die Bedürfnisse und Alltagserfahrungen der Kinder und Jugendlichen.



3.6 Internationale und Interkulturelle Arbeit

Der BDP begreift internationale und interkulturelleArbeit als einen Teil seiner täglichen Aktivitäten. Der Umgang mit dem Fremden ist heute verstärkt geprägt von Angst und Vorbehalten. Diese bewusst zu machen, kritisch zu hinterfragen und abzubauen ist wichtigstes Ziel. Im täglichen Miteinander und im internationalen Jugendaustausch setzt sich der BDP gegen Diskriminierung und Benachteiligung ein. Der Grundgedanke internationalen Austauschs ist die Herstellung und Pflege des persönlichen Kontakts und die konstruktive Auseinandersetzung mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden anderer. Dies erfolgt klassischerweise durch die „Große Fahrt“ oder durch die vielfältigen internationalen Jugendbegegnungen im In- und Ausland. Durch Aufarbeitung der gemachten Erfahrungen ergibt sich die Chance, einen kritischen Umgang mit der eigenen Kultur zu entwickeln.

3.7 Kulturarbeit

Kulturarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des BDP. Sie trägt durch ihre Produktions- und Arbeitsprozesse zu einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung wesentlich bei – durch die Einbeziehung des Verstandes, des Körpers, der Gefühle und der Sinne. Kulturarbeit im BDP bedeutet, Freiräume zu eröffnenund zu erhalten, um eingefahrene Denk- und Handlungsspielräume zu erweitern. Es sind Probierfelder, in denen mit Ausdrucksformen eigenständig experimentiert werden kann und durch welche über das Probehandeln hinaus individuelle und kollektive Mitgestaltungs- und Handlungskompetenzen für das gesellschaftliche Leben gefördert werden.

Eine Besonderheit der Kulturarbeit ist die Präsentation sichtbarer Ergebnisse. Sie schafft Selbstvertrauen, markiert einen Standpunkt und lädt zu Auseinandersetzungen ein. Damit wirkt Kulturarbeit auch in das „echte“ Leben hinein. Sie macht neugierig und stellt eineÖffentlichkeit für Inhalte und Meinung her. Kultur selber machen oder selber organisieren ist die Devise – immer mit der Einbeziehung der Individuen in den Prozess. Dabei kann und will BDP-Kulturarbeit nie Kunst pur sein, sondern muss sich zwischen künstlerischem Anspruch und gruppendynamischer Notwendigkeit bewegen. Nicht perfekte Imitation ist das Ziel, sondern das Finden eigener Ausdrucksformen, deren Lebendigkeit und Echtheit (Authentizität) eine Alternative zur heute angesagten „coolen“ Gesellschaftsästethik darstellt.

3.8 Geschlechtsspezifische Arbeit

Der Forderung nach Gleichberechtigung und der Anerkennung der Differenz in gleichen Maße Rechnung tragend, arbeitet der BDP neben koedukativen Ansätzen bewusst und gezielt in geschlechtsgetrennten Gruppen und mit geschlechtsspezifischen Methoden. Feministische Mädchenarbeit sowie emanzipatorische Jungenarbeit können und dürfen allerdings nicht nur im isolierten Raum der geschlechtshomogenen Arbeit Platz und Wert finden.

In der koedukativen Arbeit muss geschlechtsspezifische Arbeit zur Alltäglichkeit gehören. Das setzt voraus, dass sich alle in der Kinder- und Jugendarbeit Tätigen mit der geschlechtsspezifischen Sozialisation und der eigenen Rolle als Frau oder Mann auseinandersetzen.

Ziele der emanzipatorischen Jungen und Mädchenarbeit sollten sein:

  • Individuelle Entwicklungsmöglichkeiten für Jungen und Mädchen, unabhängig vom gesellschaftlichen Rollenbild, zu bieten (Vorbildfunktion)

  • Jungen und Mädchen in ihrer Identitätsfindung zu unterstützen

  • Gesellschaftliche Normen und Rollenzuweisungen aufzuweichen

  • Reflexionsraum für Jungen und Mädchen zu bieten

3.8.1 Mädchenarbeit

In der Mädchenarbeit findet sich ein Freiraum in verschiedenen Mädchenprojekten (Mädchenladen, -kulturhaus, -WG) und in gemischten Einrichtungen und Untergliederungen (Mädchentage, -gruppen). Dort können sich Mädchen losgelöst von eingefahrenen Strukturen und Hierarchien neu erfahren. In einer von ihnen selbst gestalteten Umgebung und Atmosphäre haben sie die Chance, sich in anderen Rollen auszuprobieren und sich darin gegenseitig zu bestärken. So erfahren Mädchen eine Aufwertung ihrer Persönlichkeit und ihrer versteckten und unterdrückten Stärken. Für die Teamerinnen und Pädagoginnen setzt das voraus, sich mit der eigenen Rolle als Frau auseinander zu setzen und Vorbilder anzubieten, die die Mädchen ermutigen, eigene Wege zu gehen.

 

3.8.2 Jungenarbeit

Jungen haben es schwer, eine eigene Stellung und Identität, manchmal weitab von gesellschaftlichen Normen und Rollenvorgaben, zu finden. Da sich im BDP immer mehr Männer mit ihrer Rolle in der Gesellschaft beschäftigen und diese Rolle reflektieren und hinterfragen, muss sich die emanzipatorische Jungenarbeit in der Arbeit des BDP schwerpunktmäßig niederschlagen. Der BDP hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, Jungen in ihrer individuellen Identitätsfindung unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Ausgangssituation zu unterstützen und zu bestärken.

3.9.1 Qualifikation von ehrenamtlichen TeamerInnen

Wer auf die Mitarbeit ehrenamtlicher TeamerInnen setzt, muss diese auch entsprechend qualifizieren. Dies geschieht durch:

  • Grundschulung für NachwuchsteamerInnen.

    Elemente der Qualifizierung, die aus mehreren Wochenenden und Kompaktwochen besteht, sind Entwicklungspsychologie und Pädagogik, Gesundheit und Umwelt, sowie Rechts- und Organisationsfragen. Durch Methoden ganzheitlichen und aktivierenden Lernens wird Selbstreflexion über Motivation und Zielsetzung angeregt. Als formaler Abschluss wird der JugendgruppenleiterInnenausweis des jeweiligen Bundeslandes angesehen.

  • Fortbildung in TeamerInnenarbeitskreisen Diese Arbeitskreise dienen der Reflektion und dem Ideenaustausch.

  • Themenbezogene Seminare/ spezifische Qualifizierungen. Hierzu gehören zum Beispiel geschlechtsspezifischeArbeit, Rhetorik, Internationaler Jugendaustausch, Zuschuss- und Abrechnungswissen, Spielmobilpädagogik.

     

3.9.2 Qualifikation von Strukturehrenamtlichen

Dies geschieht durch:

  • Fortbildung in Arbeitskreisen. Diese Arbeitskreise dienen der Reflektion und dem Ideenaustausch.

  • Themenbezogene Seminare/ spezifische Qualifizierungen. Hierzu gehören zum Beispiel geschlechtsspezifische Arbeit, Rhetorik, Internationaler Jugendaustausch, Zuschuss- und Abrechnungswissen. Ziel der Maßnahmen ist eine kontinuierliche sowie BDP-spezifische Kinder- und Jugendarbeit in Gruppen und Projekten des BDP.



4. Strukturen

4.1 Ehrenamtlichkeit

Der BDP lebt durch die Ehrenamtlichen. Ehrenamtliches Engagement als GruppenteamerInnen oder Delegierte in verschiedenen Gremien und Vorständen ist Voraussetzung für die Existenz des Verbandes. Ehrenamtlichkeit heißt über die bloße Teilnahme hinaus, sich freiwillig zu engagieren eigene und allgemeine Verbandsinteressen in die Hand zu nehmen Verantwortung zu übernehmen (z.B. über die Verbandstätigkeit als ArbeitgeberIn) Auch im BDP ist die gesellschaftliche Tendenz zu spüren, das die Bereitschaft zu sozialem Engagement abnimmt.

Wir setzen und dafür ein, dass Ehrenamtliche:

  • in ihrer Arbeit Unterstützung, Beratung, Begleitung und innerverbandliche Anerkennung erfahren

  • die Strukturen, in denen sie sich bewegen, auch als angenehmen sozialen Zusammenhang zu erleben

  • motiviert werden, bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung im Verband mitzuwirken.

  • auch gesellschaftliche Anerkennung ihrer Arbeit erfahren

4.2 Hauptamtlichkeit

In den letzen zwanzig Jahren hat die Arbeitgeberfunktion für den BDP an Bedeutung gewonnen. Mit der Professionalisierung der Jugendarbeit und der Jugendbildungsarbeit hat der BDP eine Reihe von Hauptamtlichen eingestellt. Hauptamtliche dürfen jedoch nicht die ehrenamtlichen Selbstorganisationsstrukturen ersetzen. Vielmehr liegen ihre Aufgaben in der Schaffung und Förderung ehrenamtlicher Strukturen sowie der Unterstützung der Gruppen und ihrer TeamerInnen. Aufgabe der Hauptamtlichen ist hierbei die Ermutigung und Förderung der Kinder und Jugendlichen hin zur eigenen Interessenvertretung. In sozialen und gewerblichen Projekten ist jedoch hauptamtliche Arbeit unerlässlich. Sie allein bietet Gewähr, in sozialen Projekten Kinder und Jugendliche optimal zu fördern. Der BDP bietet auch Praktika, Ausbildungsplätze und Stellen für das Freiwillige Ökologische/Soziale Jahr an. Zivildienstplätze unterstützen die Arbeit des BDP und bieten die Möglichkeit, den Zwangsdienst in einem sinnvollen und abwechslungsreichen Umfeld zu leisten. Die Arbeit im BDP ist für hauptamtliche MitarbeiterInnen charakterisiert durch transparente Strukturen, vorausschauendes und eigenverantwortliches Handeln und interdisziplinäre Aufgabengebiete auf Grundlage der Absprachen mit den Entscheidungsgremien. Ein Einstieg für neue Hauptamtliche, Zivildienstleistende, ABM-Kräfte und Strukturehrenamtliche wird jährlich auf einer Tagung mit dem Titel „Der gläserne BDP“ ermöglicht. Darüber hinaus finden regelmäßig Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie bei Bedarf Supervisionen statt.

Der BDP bemüht sich, Teilzeitarbeitsplätze und flexible Arbeitszeiten nach den Bedürfnissen seiner Hauptamtlichen anzubieten.

 

4.3 Gremien und innerverbandliche Demokratie

Innerverbandliche Demokratie beginnt in den Gruppen vor Ort. Dort sind Gruppenversammlungen und Vollversammlungen die Formen demokratischer Willensbildung. Entscheidungen werden möglichst nach dem Konsensprinzip getroffen. Die Belange der Frauen und Männer werden auf Antrag geschlechtsgetrennt diskutiert. Gremien auf Landes- und Bundesebene werden nach dem Delegiertenprinzip gebildet. Delegierte für Gremien auf allen Ebenen werden von den jeweils zuständigen Untergliederungen gewählt. Sie haben unabhängig von Alter und Status gleiche Rechte. Es gibt jedoch die Empfehlung, dass die Delegierten und Vorstände unter 27 Jahre alt sein sollen.



4.4 Offenheit gegenüber freien Initiativen

Der BDP ist ein offener Jugendverband. Er ist kein feststehendes Gefüge, das neuen Einflüssen von außen verschlossen bleibt. So bietet sich der BDP als Kooperationspartner an. Er unterstützt bei Bedarf praktische Projektarbeit freier Initiativen vor Ort, berät, hilft bei ersten Gehversuchen. Solche kleineren Initiativen, die unabhängig bleiben wollen, haben es oftmals schwer, der Konkurrenz, die auch auf dem Gebiet der Jugendarbeit herrscht, längerfristig standzuhalten. Doch erst die Vielfalt unterschiedlicher Angebote ermöglicht es Kindern und Jugendlichen, wirklich eine Wahl zu treffen.

Seine Vielschichtigkeit erlaubt es dem BDP, Koopera tionspartnern die Möglichkeit zu bieten, als eigenständiges Projekt im BDP zu bestehen und ein eigenes Profil zu entwickeln. Der BDP ist eine Art geschützter Raum, in dem Vereine, Initiativen und Projekte eigenverantwortlich arbeiten können und gleichzeitig Unterstützung erhalten, bei einem hohen Maß an Selbstständigkeit. Jede Zusammenarbeit findet auf der Grundlage der Satzung und der Plattform des BDP statt.

 

4.5 Kooperation Ost-West

In der Bevölkerung der alten Bundesrepublik ist eine Arroganz gegenüber den neuen Bundesländern festzustellen. Eine Auseinandersetzung mit den neuen Gegebenheiten seit dem 9.11.89 findet allzu häufig nicht statt. Eine hohe Arbeitslosenquote und die daraus resultierenden sozialen Unsicherheiten stellen die Menschen in den neuen Bundesländern vor unbekannte Lebenssituationen. Die Orientierungslosigkeit großer Teile der Jugend, hervorgerufen durch starken Mangel an Ausbildungsplätzen sowie den Wegfall früherer Sicherheiten ist im Osten Deutschlands besonders ausgeprägt. Alle BDP-Gruppen in den neuen Bundesländern mussten sich auf eine neue Geschichte einlassen, die ihnen größtenteils fremd war. Der BDP mit seiner speziellen Verbandsentwicklung nach 1968 entsprach oftmals nicht dem Bild eines traditionellen Pfadfinderverbandes. Dies und die Tatsache, dass wir gemäß unserem Verständnis Interesse an gleichberechtigter Zusammenarbeit statt vorgegebener Orientierung zeigten, machte es vielen schwer zu uns zu finden.

Am BDP zeigten hauptsächlich Menschen Interesse, die aktiv und engagiert in die Neugestaltung der Gesellschaft eingreifen wollten. Für sie war es besonders interessant, im BDP einen Kinder- und Jugendverband gefunden zu haben, der ihnen große Gestaltungsspielräume in der Arbeit vor Ort bot. Den wichtigen Austausch von Erfahrung und Kenntnissen aus der Kinder- und Jugendarbeit zwischen Verbandsmitgliedern aus Ost und West versuchen wir bis heute, zu einer fruchtbaren Weiterentwicklung unseres Verbandes zu nutzen. Kooperationen zwischen Ost und West müssen in Zukunft intensiviert werden, um sich gegenseitig verstehen zu können. Eine Annäherung der teilweise noch unterschiedlichen Auffassungen und Positionen ist ohne verstärkte Kooperation nicht möglich.

5. Schlussbemerkung

Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Verschlechterung der Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen durch Sozialabbau, Einengung der Lebensräume und krankmachende Umweltbedingungen engagiert sich der BDP gegen die Marginalisierung von Kindern und Jugendlichen.

Der BDP setzt weiterhin auf das Prinzip der Selbstbestimmung und Selbstorganisation Kinder und Jugendlicher in Cliquen und Gruppen. Kinder und Jugendliche werden ermuntert, und es werden ihnen Wege aufgezeigt, wie sie den Schritt von KonsumentInnen zu engagierten MitgestalterInnen in Gesellschaft und Politik machen können.

Der BDP setzt sich ein für die gesellschaftliche Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements, ohne das selbstbestimmte Jugendarbeit unmöglich ist. Durch geschlechtsspezifische Erziehung ermöglicht er die Rollenfindung und tritt ein für partnerschaftliche Beziehungen zwischen Frauen und Männern, Schwulen und Lesben. Besonderes Gewicht legt der BDP auf die Einbeziehung jugendlicher Menschen nichtdeutscher Herkunft und auf die deutsch-deutsche Integration, die noch lange keine Selbstverständlichkeit ist. Der BDP versteht sich als politischer Jugendverband und setzt dies in seiner täglichen Arbeit um.