Konkalikong

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Was ist eigentlich ...

struktureller Antisemitismus ?

Wenn Menschen glauben, dass es eine kleine Gruppe Menschen gäbe, die für alles Unglück dieser Welt verantwortlich sei, dieses Unglück sogar gezielt provozierten, dann ist das eine Verschwörungstheorie. Die bekannteste Verschwörungstheorie unserer Zeit ist, dass „die Juden“ die geheime Weltherrschaft inne hätten und alles Geld und Macht an sich reißen wollten. Diese antisemitische Lüge führte im Zweiten Weltkrieg zur Shoah, dem Holocaust. In heutigen Verschwörungstheorien begegnen uns immer wieder „strukturelle“ Ähnlichkeiten aus dieser antisemitischen Argumentation. Beispielsweise wenn von den bösen Bänkern oder der bösen Pharmaindustrie die Rede ist. Obwohl es hier nicht um „die Juden“ geht, weil die Argumentationsstruktur aber die gleiche ist, spricht man hier von strukturellem Antisemitismus. Wenn man mit Menschen diskutiert, die solchen Verschwörungstheorien anhängen, vertreten sie interessanterweise doch auch erstaunlich oft die These, dass hinter allem doch wieder die Jüd*innen oder der Israelische Staat stünden. Daher erscheint der Begriff struktureller Antisemitismus auf den ersten Blick verwirrend, passt am Ende aber meistens überraschend gut.



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Antisemitismus in Verschwörungstheorien- Ein Liverollenspiel

 

Dies ist der Seminartitel einer Veranstaltung der BDP Stadtgruppe Frankfurt, durchgeführt vom 19.08.-20.08.2017 im Tagungshaus der Bildungsstätte Alte Schule Anspach. Der Titel mag verwirren: Ein ernstes und in unserer Zeit, gerade in der linken Szene, so wichtiges Thema wie strukturellen Antisemitismus mit einem Spiel zu verbinden? Und was heißt eigentlich dieses „Liverollenspiel“? Und dann, was ist „Konkalikong“?

Jede dieser Fragen, haben wir (Tobi, Nils, Jan) uns oft gefragt, während wir unser Seminar konzipiert haben. Konkalikong ist leicht zu klären, das ist Javanisch und bedeutet „Verschwörung“, aber alle anderen Fragen, bedürfen ein paar Erklärungen:

Liverollenspiel ist eine Form des Rollenspiels, in dem du quasi Live und in Farbe über einen bestimmten Zeitraum in eine vorgeschriebene oder selbst ausgedachte Rolle mit bestimmten Eigenschaften schlüpfst und diese in einer gewissermaßen „virtuellen“ Welt spielst. Virtuell heißt hier, dass sie von der echten Welt verschieden ist, nicht virtuell in dem Sinne eines Computerspiels o.ä. Sozusagen wie, als damals Tina, Tom und Gerda sich verkleideten: Tina war die Prinzessin und befreite Tom den Prinzen, der von dem bösen Krieger Gerda gefangen gehalten wurde. Nur dass man diese (ich nannte sie Einbildungsspiele) meist nicht besonders lange spielte, da die Eltern bald zu Kakao und Kuchen riefen. Aber ein Liverollenspiel ist dem sehr ähnlich nur größer, mit mehr Menschen, über einen längeren Zeitraum und meist mit mehr Aufwand, Technik und Kostümen. Spaß macht es trotzdem!

Das tolle ist, dass man bei Liverollenspielen Spaß hat, in einer geschützten Spielwelt spielt und dabei Dinge erleben und ausprobieren kann, die einem sonst oder so nicht passieren und dabei lernen kann. Und noch viel besser ist, dass unser Gehirn besonders gut lernt, wenn wir dabei Spaß haben. Und nicht nur das: Wir sind auch geneigt besser zu lernen, wenn wir auf besondere Ereignisse treffen, die uns im Gedächtnis bleiben und mit Emotionen verknüpft werden. Auch können wir mit Spaß neue Erlebnisse besser mit bereits existierenden Vorstellungen, Ideen oder anders gesagt Erkenntnissen verknüpfen. Nach einer Theorie, die sich Konstruktivismus nennt, lernen wir hauptsächlich darurch, dass wir neu Erlebtes mit bereits vorhandenen Strukturen und Vorstellungen in unserem Kopf zu verbinden. Wichtig ist dabei aber immer, dass es eine Phase gibt – meistens nach dem Spiel – in der gemeinsam die erlebten Erfahrungen ausgetauscht, gebündelt, diskutiert und in dein bereits vorhandenes Wissenssystem eingegliedert werden.

So eine Phase – die Reflexion – gab es natürlich auch bei Konkalikong. Samstagmittag reisten die Spieler*innen an und das Spiel begann, als sie vom Bahnhof zu dem Tagungshaus liefen. Alles spielte im hier und jetzt, es gab keine aufwendigen Kostüme. Doch jede*r hatte eine Rolle, die sie jeweils auf eine bestimmte Art (auch schon in der Vorbereitung zu Hause, bevor das Spiel begonnen hatte) vorbereiten musste und über die sie sich mit dem Thema Antisemitismus in Verschwörungstheorien auseinandersetzen musste.

Das Spiel selbst beruhte beinahe nur auf der Stellung der Charaktere gegeneinander und nur einem Nichtspielercharakter (kurz: NSC. Diese bekommen über das Spiel hinweg Anweisungen von der Spielleitung. Somit kann das Spiel ein wenig gesteuert werden.) Die Spieler*innen mussten sich während des Rollenspiels verdächtigen, anklagen und Meinungen vortäuschen, um nicht in Schubladen gesteckt zu werden. Sie mussten durch die Stadt laufen, um z.B. einen Koffer zu finden der Hinweise enthielt. Am Ende fuhren sie mit Taxis zu einer verlassenen Fabrik, wo sie zwei Gefangene befreiten. Dort gab es mit Kerzen und Leuchtsignalen einen positiven Abschluss, als die Rede eines Verschwörungstheoretikers unterbrochen wurde. So viel zur abenteuerlichen Geschichte.

In der Nacht auf Sonntag um Punkt null Uhr war das Spiel dann zu Ende. Es gab eine erste debreafing-Phase, in der alle aus ihren Rollen herausschlüpfen konnten. In einem chaotischen Regen aus Erzählungen über die letzten acht Stunden tauschten sich die Teilnehmer*innen aus, entspannt bei ein wenig Musik und Getränken. Erst am nächsten Tag gab es eine strukturierte Reflexion in der die Teilnehmer*innen unter anderem von den Verschwörungstheorien berichtet haben, die sie in dem Spiel mitbekommen hatten und mit denen sie sich vor dem Spiel beschäftigt hatten. Anschließend wurde gemeinsam darüber diskutiert, inwiefern Antisemitismus in diesen Verschwörungstheorien vorkommt.

Als theoretische Grundlage hatte ich einen Text vorbereitet, den wir am Ende noch einmal gemeinsam lasen. Spannend für mich war – und ich denke das zeigt, dass Liverollenspiele sich gut zur Bildungsarbeit eignen – , dass er von den meisten Teilnehmer*innen als überflüssig bezeichnet wurde, weil die Erfahrungen im Spiel als gemeinsame Diskussions- und Lerngrundlage ausreichten.

Zum Abschluss möchte ich noch loswerden, dass in dem Spiel selbst noch der ein oder andere Fehler existierte, wodurch das eigentliche Spiel nicht durchgend so astrein funktioniert hat. Aber insgesamt war Konkalikong für mich und ich denke auch für die Teilnehmer*innen ein Erfolg und definitiv eine tolle Erfahrung. Auch schon zu der ersten Auflage merkte P.schen an: „Es war […] nice“.

Die zweite Veranstaltung aus dieser Reihe, „Gawasi Gukum, Überwachen und Strafen – ein Liverollenspiel“, wird vom 02. bis zum 04. November 2018 stattfinden. Weitere Informationen dazu finden sich online unter www.bdp-htk.de

Von Jan