Corona

Kinder- und Jugendarbeit in Corona- Zeiten. Drei Einblicke in den BDP

Kinder- und Jugendarbeit in Corona- Zeiten. Drei Einblicke in den BDP

Corona hat den Alltag der Kinder- und Jugendarbeit gehörig durcheinander gebracht, natürlich auch im BDP. Während Altbewährtes plötzlich nicht mehr möglich war und auch die Themen und Bedürfnisse sich veränderten wurden jedoch viele spannende und kreative Ideen entwickelt. Ein paar davon wollen wir euch hier vorstellen und hofen, zu einem Austausch und Inspiration zwischen den Gliederungen beizutragen.

 

Offene Jugendarbeit in Zeiten von Corona: Perspektiven aus Berlin

Die Corona-Pandemie hat die offene Jugendarbeit in Berlin vor große Herausforderungen gestellt. So mussten die Angebote der Jugendzentren und –clubs an die Hygienevorschriften angepasst werden, Jugendfreizeiteinrichtungen mussten geschlossen werden, digitale Angebote wurden geschaffen und insbesondere während des ersten Lockdowns wurde aufsuchende Soziale Arbeit geleistet, um den Kontakt zu den jungen Menschen nicht zu verlieren. Für die Zeit nach dem Lockdown wurden Hygienekonzepte erarbeitet und Angebote nach draußen verlegt.

Trotz der vielen kreativen und arbeitsintensiven Umgestaltungen konnten und können nicht alle Besucher*innen erreicht werden. Viele junge Menschen, die in die Jugendeinrichtungen kommen sind bspw. von Klassismus betroffen und besuchen die Jugendclubs, eben weil sie zuhause kein W-Lan und keine digitalen Endgeräte besitzen. Mit den Maßnahmen, die ergriffen wurden, veränderte sich auch der inhaltliche Schwerpunkt der Arbeit. Sozialarbeiter*innen geraten in Kontroll-Positionen, da sie verantwortlich dafür sind, dass beispielsweise die Kontaktlisten richtig ausgefüllt werden. Das widerspricht der Niedrigschwelligkeit und Offenheit unserer Angebote und gefährdet unter Umständen auch unsere Beziehungsarbeit.

Auch die Themen, die die Adressat*innen beschäftigen, haben sich verändert: Es geht thematisch in der Arbeit jetzt mehr um den Verzicht auf soziale Kontakte, Vereinsamungstendenzen, Zukunftsängste und praktische Solidarität. Die Besucher*innen haben jedoch insgesamt großes Verständnis für die Notwendigkeit der Corona-Maßnahmen, wenngleich sie ihnen viel abverlangen.

Einige Jugendfreizeiteinrichtungen sind auch in finanzielle Notsituationen geraten, da sie Eigenanteile nicht erwirtschaften konnten und die Unterstützung vom Jugendamt nicht in allen Fällen gut funktioniert hat. Gesamtgesellschaftlich braucht es eine Aufwertung von Care-Arbeit im Allgemeinen und der offenen Jugendarbeit im Speziellen!

Von Patrick, BDP Berlin

 

Der BDP-Podcast

Abgesagte Bildungsseminare, ausgefallene Jugendbegegnungen und verschobene Fahrten. Geschlossene Freizis, Schulen, Unis und Kultureinrichtungen, dazu eine Reduzierung der sozialen Kontakte auf ein Minimum. Soziale Isolation zu Hause, im Internet rechte Propaganda allenthalben – so sah der Alltag für viele während der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 aus.

Normalerweise versucht der BDP mit seiner Arbeit einen Beitrag zu einer emanzipatorischen und freien Gesellschaft für alle zu leisten. Doch das war wegen Corona plötzlich nicht mehr möglich – zumindest nicht auf herkömmliche Art und Weise. Daher haben wir uns Gedanken gemacht, wie Aufklärung in Zeiten von sogenannten „Anti-Corona-Demos“ und der zunehmenden Verbreitung von Verschwörungsideologien, Antisemitismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aussehen kann. Während wir vom BDP Hulsberg aus Bremen sonst in Workshops mit Schulen oder auf themenbezogenen Bildungsreisen aufklären, mussten wir unsere Arbeit kurzfristig an die Gegebenheiten anpassen und kamen auf die Idee, einen Podcast zu machen.

Der BDP-Podcast ist ein Projekt von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich für politische Themen interessieren. Insbesondere Verschwörungserzählungen und Rechte Propaganda in den sozialen Medien waren Themen, die aufgrund ihrer Aktualität besonders jugendgerechte Antworten brauchten. So haben wir kurzerhand eine kleine Gruppe von Jugendlichen mit ihren Fragen zusammengebracht, sie in ihrer Recherche unterstützt und sie ins Gespräch gebracht mit Expert_innen, die sich beruflich mit den Fragen der Jugendlichen auseinandersetzen.

Was machen Verschwörungsideologien mit Menschen? Wie versuchen Rechte Akteure die Sozialen Medien für ihre Zwecke zu nutzen? Wer steckt dahinter? Was können wir dagegen machen? Welche Rechten Akteure sind in Bremen und umzu aktiv? Diese und andere Fragen haben zwei junge Bremer*innen den Expert*innen gestellt, die für junge Menschen verständliche Antworten zu komplexen Themen gefunden haben. Die Interviews wurden aufgezeichnet und von den Jugendlichen nachbearbeitet. So entstand die Trilogie „Rechte Umtriebe“ des BDP-Podcasts. Hören kannst du sie über die Webseite vom BDP Bremen: bdp-hulsberg.de oder über podcast.de, Spotify und andere Streaming Plattformen.

Der BDP-Podcast erscheint unregelmäßig zu (gesellschafts-)politischen Themen, mit denen sich der BDP beschäftigt. Weitere Folgen sind bereits in Planung/Arbeit. Next: Ein Reisepodcast aus Italien „Auf den Spuren der Resistenza“ und ein Podcast zum Thema „Queere (Un-)Sichtbarkeit“.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Hören!

Von Henrik, BDP Bremen

 

Corona und die Ferienfreizeit Stromberg

Die Ferienfreizeit der Verbandsgemeinde Stromberg ist eine Veranstaltung, die der BDP Rheinland-Pfalz seit 2008 gemeinsam mit der Verbandsgemeinde und dem Walderlebniszentrum Soonwald in den ersten drei Wochen der Sommerferien durchführt. In „normalen“ Jahren springen bis zu 150 Kinder aus den umliegenden Orten durch den Wald und über die Wiesen, die das Walderlebniszentrum, ein wunderschön gelegenes ehemaliges Forsthaus, umgeben. Von Montag bis Freitag bieten wir ein buntes Programm aus Workshops, Ausflügen und Aktionen, bei dem sich die Kinder täglich selbst ihren Tagesablauf zusammenstellen können. Bis auf die erste Woche, bei der zusätzlich zum Tagesangebot bis zu 50 Kinder auf dem Gelände übernachten, läuft die Betreuung von morgens um halb acht bis nachmittags um fünf Uhr.

In diesem Jahr war dann auf einmal Vieles anders. Bereits in der Vorbereitung standen plötzlich Hygienepläne und –konzepte im Vordergrund, aufgrund sich ständig verändernder Vorgaben auch mehrfach. Lange war auch unklar, ob die Freizeit überhaupt stattfinden kann. Das stand erst drei Wochen vor Beginn endgültig fest, nachdem die Hygienekonzepte genehmigt und alle finanziellen Rahmenbedingungen geklärt waren. Insofern liefen alle Teamvorbereitungen unter Vorbehalt – toll, dass sich darauf alle eingelassen haben.

Die Freizeit selbst fand mit verringerter Teilnehmer*innenzahl (72 Kinder pro Woche) und ohne Übernachtung statt. Die Kinder wurden wochenweise in feste Kleingruppen (8 Kinder, 2 Betreuungspersonen) aufgeteilt, da so, nach der in Rheinland-Pfalz gültigen Verordnung, vom Abstands- und Maskengebot abgesehen werden konnte. Ansonsten mussten wir genau darauf achten, dass sich die Gruppen nicht miteinander vermischten. Auch die Pausenzeiten wurden in der Kleingruppe verbracht. Die Beachtung der Einhaltung der Hygienevorschriften war ebenfalls eine zusätzliche Aufgabe für die Betreuer*innen.

Für sie bestand neben den neuen Aufgaben die größte Herausforderung darin, dass sie die komplette Betreuungszeit gemeinsam mit der Gruppe verbringen mussten, und es nur sehr wenige Möglichkeiten gab, zwischendurch einmal eine kurze Pause einzulegen und sich etwas zurückzuziehen.

Eine weitere Herausforderung für uns alle war das Herstellen einer gemeinsamen Freizeitatmosphäre trotz des Kleingruppenkonzepts. Bereits in der Vorbereitung haben wir dieses Thema intensiv diskutiert und versucht, beispielsweise durch die Einrichtung einer Poststelle oder eines schwarzen Brettes die Kommunikation auch zwischen den Gruppen zu ermöglichen. Auf der Freizeit selbst entstanden dann recht spontan viele weitere Aktionen zwischen den einzelnen Gruppen, wie z.B. das wechselseitige Vorbereiten von Schnitzeljagten oder das abwechselnde, aufeinander aufbauende Gestalten eines Banners.

Während der Freizeit hat sich gezeigt, dass die festen Gruppen gegenüber dem bisherigen Workshopsystem eine größere Flexibilität bieten. Die Betreuer*innen hatten viel mehr Möglichkeiten, auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder einzugehen und den Tagesablauf auch spontan auf die Wünsche der Gruppe anzupassen.

Die Gruppen sind im Verlauf der Woche sehr gut zusammengewachsen, was zu weniger Konflikten und insgesamt einem ruhigeren Ablauf beigetragen hat.

Als Fazit kann man festhalten, dass vor allem die unsichere Situation im Vorfeld und der stark erhöhte Arbeitsaufwand durch die notwendige Umstrukturierung eine große Belastung für alle dargestellt hat. Auf der positiven Seite hat uns Corona aber dazu gebracht, neue kreative Ideen zu entwickeln und Lösungen zu finden, auf die wir sicher auch in der Zeit nach Corona- und Hygieneverordnungen zurückgreifen werden.

von Roland, BDP Rheinland-Pfalz