Aufgepasst!?

Was sind eigentlich...

...Awareness-Komm-Strukturen?

Idee ist, dass alle Menschen im BDP ihre Sensibilität für das Thema erhöhen. Das heißt sich selbst weniger übergriffig zu verhalten und den Mut erlernen, mit anderen über Erlebtes zu sprechen. Und falls jemand auf einem Camp eben keine_n passende_n Ansprechpartner_in findet, dann soll es neben den Teamenden noch ein Awareness-Team geben, an das sich eins jederzeit wenden kann. Das setzt voraus, dass die Personen, die diese Aufgabe übernehmen wollen, sich im Voraus vertieft mit dem Thema auseinandersetzen. Dazu gehört auch die Frage, wie man in verschiedenen Situationen reagieren kann, als auch sich selbst und eigene Grenzen schützt.

 

Infos:

→ Mehr Infos und Links zum Thema generell, zum BDP Plakat „Passt aufeinander auf!“ und Safer Sex Box sowie Bestellmöglichkeiten: bdp.org/aufgepasst

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BLATT 1-2017 S. 30 | EINBLICK

 

Aufgepasst!?

Der Antrag des AK Gender*Queer auf der BDP Bundesdelegiertenversammlung 2016

„Es folgt nun der Antrag 2 des Arbeitskreis Gender*Queer: Stärkere Thematisierung von Sexualität, Konsens und Awarness im BDP. Hierzu nun die Erklärung der Mitglieder aus dem Arbeitskreis“, wird von der Moderation angekündigt. Der Antrag enthält die Forderung, dass anhand von Informationsbroschüren und Verhütungsmaterial, die Themen (diverser) Sexualität und das Konsens-/Zustimmungskonzept für intime Situationen präsenter gemacht werden sollen. Außerdem gibt es den Wunsch nach dem Aufbau weiterer Schutzmaßnahmen. Diese sollen in Form von Awarenes-Komm Strukturen mögliche sexualisierte Übergriffe auf BDP-Veranstaltungen verhindern. Das bedeutet, dass auf Veranstaltungen des BDP Menschen als Vertrauenspersonen die Aufgabe übernehmen, in schwierigen Situationen ansprechbar zu sein.

Einige Mitglieder aus dem AK waren sich unsicher, wie der Antrag aufgenommen würde. Klar, der BDP ist super offen, in den 1970er/80er Jahren wurden schon provokativ Kondome verteilt und gegen sexualisierte Gewalt sind ja sowieso alle. Trotzdem ist das Thema in den letzten Jahren wenig sichtbar im BDP. Statt Kondome zu verteilen, ist Sex auf den meisten BDP-Freizeiten – nach gängiger Interpretation das Sexualstrafrechts – verboten.

„Wir wissen aber ja alle, dass die Praxis anders aussieht. Zwischen dem Gesetz beziehungsweise den Campregeln und der Realität gibt es einen kleinen aber feinen Unterschied. Jugendliche die miteinander schlafen wollen, finden einen Weg das zu tun, und meistens unbemerkt“, leitet Sophie die Diskussion ein. Tabea erklärt daraufhin: „Wir wollen, dass die Jugendlichen wissen, wie man Verhütungsmittel richtig verwendet, damit alle gesund bleiben und niemand ungewollt schwanger wird. Und da dürfen wir uns nicht nur auf Kondome beschränken, denn es gibt ja noch ein bisschen mehr Möglichkeiten, wie man miteinander Spaß haben, aber sich auch anstecken kann.“ Damit Jugendliche sich informieren können und auf Camps auch Zugang zu Verhütungsmitteln haben, sollen diese sowie das dazugehörige Informationsmaterial zur Anwendung auf BDP-Veranstaltungen frei zugänglich sein. Damit sich niemand überrumpelt oder gar (rechtswidrig) aufgefordert fühlt, werden die Sachen aber nicht wie früher verteilt, sondern finden sich an einem ruhigen Eck, das zu Beginn des Camps bekannt gegeben wird. So die Idee des Beschlusses. Damit nicht jede BDP-Einrichtung selbst alles zusammenstellen muss, gibt es mittlerweile die „Safer Sex Box“ in der Bundeszentrale zu bestellen (siehe Infobox).

Doch der Antrag geht noch einen schritt weiter. „Auch ohne gleich miteinander zu schlafen, kommen sich Jugendliche auf BDP Veranstaltungen näher. Uns ist wichtig, dass das einvernehmlich im Konsens passiert. Wie Zustimmung bei intimen Situationen funktioniert, müssen manche aber erst lernen.“ Es nötig sich zu fragen: „Was will ich und was nicht? Was könnte die andere Person gut finden, was nicht und wie bekomme ich das raus?“. Es hilft, zu lernen darüber zu reden und auch zuzuhören. Denn einander näher kommen macht nur im Konsens, wenn beide zustimmen, Spaß. Daher sieht der Antrag auch vor, dass Konzept von konsensueller Sexualität in Form eines BDP-Plakates und anhand von weiterem Infomaterial auf BDP-Veranstaltungen bekannt zu machen. Das Plakat ist mittlerweile schon fertig und trägt den Titel „Passt aufeinander auf!“ (siehe Infobox).

„Und wenn trotzdem Übergriffe stattfinden, braucht es Strukturen, wie Betroffene unterstützt werden können und mit Täter_innen umgegangen wird.“ Wenn jemand sich einer Person auf eine Art nähert, die diese Person krass unangenehm findet, dann ist dies ein Übergriff. Dass können diskriminierende, zum Beispiel rassistische, Sprüche sein, aber eben auch sexualisierte Gesten. Absichtliches Berühren oder Küssen, obwohl die Person das nicht will, oder die Person gar zu etwas zwingen, was sie nicht will, oder von dem unklar ist, ob sie es will.

Wie Sex, finden auch sexualisierte Übergriffe oftmals unbemerkt statt. Es ist naiv zu glauben, nur weil eins nichts davon hört und weil im BDP viele Menschen aktiv sind, die sich reflektierte Gedanken zu Sexismus, Rassismus, Homo- und Transfeindlichkeit machen, dass so etwas bei uns nicht passiert. Wir leben leider in keiner Utopie-Blase, auch wenn es sich auf so manchem Camp so anfühlen mag. Um hier Ansprechpersonen zu haben wurde der Aufbau von Awareness-Komm-Strukturen beschlossen. Im BDP gibt es einige Leute die schon Erfahrungen mit Awarenessgruppen sammeln konnten, gute wie weniger gute. Auf Bundesebene wird gerade daran gearbeitet, wie diese Erfahrungen gebündelt werden können und interessierte, fitte und undogmatische Awareness-Teams vorbereitet und unterstützt werden können.

So im Groben die Idee des Antrages. Es folgte eine spannende Diskussion zum Thema. Einige hatten Bedenken bezüglich des Awarness-Teams, da diese Struktur bei ungenügender Vorbereitung manchmal nach hinten losgeht, oder Leute sich zu sehr kontrolliert fühlen. Es entstand die Idee der Awareness-Komm-Strukturen, die zu einem Konsens führte. Ebenso herrschte Unsicherheit bei dem Aspekt der freien Zugänglichkeit der Verhütungsmittel und inwieweit sich Teilnehmer_innen dadurch unter Druck gesetzt fühlen könnten. Doch auch hier konnten Absprachen getroffen werden, wie und für welche Zielgruppe die Safer Sex Box auf BDP-Veranstaltungen angekündigt wird. „Somit ist der Antrag, nach den gemeinsamen Änderungen im Antragstext, einstimmig beschlossen.“ Für den BDP mal wieder ein Schritt auf neuen Wegen – vielleicht für einige auch gar nicht ganz so neu.

Von Anne