Smash the borders

Jugendverbandsarbeit neu gedacht

 

Dass die Wohn- und Lebensbedingungen der neu in Deutschland ankommenden Menschen mangelhaft bis miserabel sind, ist in aller Munde. Was diese jedoch für die geflüchteten Kinder und Jugendlichen bedeuten, wird nur selten thematisiert. In den Unterkünften fehlt Raum jeglicher Art. besonders für jungen Menschen gibt es keine Rückzugsräume oder freien Platz, wo sie ohne Aufsicht sein und sich austoben können. Hinzu kommt, dass die jungen Freundschaften, die Kinder und Jugendliche in den Unterkünften knüpfen, durch die scheinbar wahllosen Umlegungen immer wieder unterbrochen werden. Durch eingeschränkte Mobilität ist es für Jugendliche schwer Kontakt mit anderen Jugendlichen aufzubauen, wenn die Unterkünfte weit abgelegen von Dörfern und Städten sind. Auch die Gegend einfach zu erkunden wird dadurch erschwert – wobei die jüngsten rassistischen Angriffe auf geflüchtete Kinder für Eltern vermutlich Grund genug sind, es ihren Kindern an jedem Ort zu untersagen. Somit ist es für geflüchtete Kinder und Jugendliche weitaus schwieriger als für jene Kinder, die schon lange in Deutschland leben, ein Netz aus privatem Freundeskreis und Personen verschiedener Institutionen kennenzulernen und aufzubauen – ein Netz, das sie stützt, sollten sie irgendwann Unterstützung brauchen.

Diese Aspekte, Freiraum/Förderung sowie konkrete Hilfe in Problemsituationen, sind nicht zuletzt auch zentrale Aufgaben von Kinder- und Jugendverbänden. Ihr Ziel, und somit auch das des BDP, ist einerseits die Anliegen von Kindern und Jugendlichen herauszufinden und andererseits gute Lebensbedingungen und selbstbestimmte Entfaltungsmöglichkeiten für sie und mit ihnen zu schaffen – und zwar für alle. Ein Pass, Geburtsort oder die Aufenthaltsdauer dürfen dabei keine Rolle spielen.

Im vergangenen Jahre sind beim BDP einige Projekte mit dem Idee entstanden, ein solches Angebot für alle Kinder und Jugendliche sein. In der Hoffnung, dass es im kommenden Jahr noch mehr solcher Projekte gibt und um einen Austausch der Gliederungen zu fördern, wollen wir diese und die kommende Ausgabe des BLATTs dafür nutzen, verschiedene BDP-Projekte vorzustellen:

 

Die BDP Ortsgruppe Bad Kreuznach (RLP) startete im September eine Kleidersammelaktion für Geflüchtete. Seit dem Winter verwandeln sie nun zusammen mit Geflüchteten und ehemaligen Geflüchteten ein altes Schwimmbad zu einem gemütlichen Ort zum Kaffeetrinken, Spielen, Lernen und Begegnen. Unterstützung und Spenden sind willkommen.

Info: stephanie.otto [at] bdp.org (stephanie[dot]otto[at]bdp[dot]org)

Auch im Infoladen Paderborn gibt’s zweimal monatlich das Café Sans Papiers: Ein Ort, an dem sich Geflüchtete und Unterstützer_innen bei Kaffee und Kuchen über Zukunftspläne austauschen können.

Info: infoladen-paderborn.de/



Für Kinder und Jugendliche, denen in Berliner Sammelunterkünften die Decke auf den Kopf fiel, organisierte der LV Berlin, Chance und Koelzepark im Sommer drei einwöchige Freizeiten. Es ging an den Teufelssee, zum Schlittenfahren auf dem Sandberg, Frösche beobachten und Schnitzel jagen. Sprach-Support gab es von einer Arabisch sprechenden Person aus einem Welcome-Project. Die Nähe zu Berlin war praktisch, so konnten auch die Eltern mal zu Besuch vorbeikommen. Und das Highlight? Kinder, die anfangs schüchtern daherkamen, entpuppten sich als wahre Sportskanonen und schicken ihren Teamer_innen heute noch Grüße via WhatsApp. Im kommenden Jahr ist der Plan, nicht nur geflüchtete Kinder und Jugendliche einzuladen. Info: www.bdp-berlin.org

 

Der BDP in Frankfurt hat es zum einen geschafft, in der Jugendgästeetage mithilfe einer Spendenkampagne und in Zusammenarbeit mit Project Shelter eine Unterkunftsmöglichkeit für jene Geflüchtete einzurichten, die durch alle staatlichen Registrierungsraster fallen. Ähnliche Projekte gibt es auch beim BDP in Berlin und Rostock. Zum anderen hat er ein Jugendbündnis mit weiteren Frankfurter Jugendverbänden angestoßen, um sich für die Belange jugendlicher Geflüchteter in der Region einzusetzen. Info: buendnis-ffm-jugendverbaende [at] bdp.org (buendnis-ffm-jugendverbaende[at]bdp[dot]org)

 

Der LV Rheinland-Pfalz und BDP Berlin machen sich Gedanken über Spiele in verschiedenen Sprachen. Erstere entwickelten ein sprachbarrierefreies Spieleset, letztere bieten Seminare zum „Spielen fast ohne Worte“ an.

Infos: landesbuero [at] bdp-rlp.de (landesbuero[at]bdp-rlp[dot]de) und mo.witzki [at] bdp.org (mo[dot]witzki[at]bdp[dot]org)



Die Junge Bühne Gießen arbeitet seit Herbst 2014 an ihrem Work in progress-Stück „Dream Works“. Es geht um Traum und Sehnsucht sowie deren Verhinderung – ein Thema, das alle Jugendlichen beschäftigt. Das Stück ist der bewusste Versuch einen Austausch mit Jugendlichen mit Fluchtgeschichte zu schaffen. Seit Kurzem wird das Stück bereichert durch Kunstwerke des jungen Künstlers Javed Hasseli, der vor zwei Jahren aus Afghanistan nach Gießen kam. In einem weiteren Performance-Projekt mit jugendlichen Geflüchteten und deutschen Jugendlichen aus Wohneinrichtungen der Jugendhilfe werden – ohne große Worte – Tanztheater, Zirkuselemente und Schwarzlicht zu einer ausdrucksstarken Performance verbunden. Beide Projekte werden auch 2016 weitergeführt: Für „Dream Works“ ist eine Erweiterung mit Aufführungen in verschiedenen Städten geplant und für das Performance-Projekt zwei weitere Blockwochen sowie ein Theater/Performance- und Filmprojekt im Sommer.

Toller Trailer vom Tanzprojekt: https://www.youtube.com/watch?v=Z67zYIr7kPo

 

Ihr verwirklicht auch BDP-Projekte die sich gezielt an geflüchtete und alle jungen Menschen richten? Dann schreibt für die nächste Ausgabe des BLATTs darüber. Meldet euch bei: blatt [at] bdp.org (blatt[at]bdp[dot]org)

von Anna und Anne