Not my pulse of Europe
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BLATT 1-2017 S. 13 | THEMA
Not my pulse of Europe
Der Kommentar
Seit einiger Zeit finden sogenannte Pulse of Europe-Kundgebungen in Deutschland und mehreren europäischen Ländern statt. Mal mit vielen Menschen, mal als kleiner Haufen. Gegründet wurde die „Bewegung“ von einem Jurist*innenpärchen aus Frankfurt am Main. Ich habe als politischer Mensch im BDP mal genauer hingeschaut.
Was sind die Fakten? Die Hymne der EU (die Instrumentalversion von „Ode an die Freude“) wird jedes mal gespielt, sie tragen eine azurblaue Fahne mit einem Kranz von aktuell zwölf goldenen, fünfzackigen Sternen durch die Gegend. Pulse of Europe ist mittlerweile als Marke eingetragen. Aber, was wollen diese Menschen eigentlich? Ihren offiziellen Forderungen kann man entnehmen, dass das europäische Projekt nicht scheitern dürfe, schließlich stünde der Frieden des Kontinents auf dem Spiel! Man müsse Misstrauen gegenüber der EU ernst nehmen, wählen gehen und dafür eintreten, dass Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit nicht verhandelbar bleiben. Ihr Interesse liegt nach eigenen Worten darin, den Pulsschlag Europas nicht verstummen zu lassen.
Gut ist, wenn sich mehr Menschen für Europa interessieren und engagieren.
Allerdings werden viele Themen außer Acht gelassen. Die katastrophale Austeritätspolitik, die massive Jugendarbeitslosigkeit in vielen Mitgliedstaaten der EU, die menschenverachtende Abschottung gegenüber Geflüchteten und vieles mehr.
Wer beim Thema Europa nicht die soziale Frage stellt und dem zunehmenden Nationalismus und Rechtspopulismus einen neuen Euro-Nationalismus entgegen hält, ist nicht emanzipatorisch oder fortschrittlich sondern bloß reaktionär.
Mein vorzeitiges Fazit ist, wenn Pulse of Europe® kein Treppenwitz der Geschichte bleiben will, müssen die grundlegenden Fragen sozialer Gerechtigkeit und Emanzipation gestellt werden. Schwenken azurblauer Stoffe mit goldenen Sternen ist ansonsten nur Ausdruck eines schlechten Gewissens wohlfeil Privilegierter und keinen Millimeter Emanzipation.
Von Torsten S.