Megaphon

Auseinandersetzung mit der eigenen (politischen) Imperfektion

In BDP Kreisen habe ich schon viele Gespräche miterlebt, die sich auf „Blasen“ beziehen. Doch was bedeutet es, in einer „Blase“ zu leben?

Oftmals, wenn von diesen oder auch von „Kreisen“ und „Kontexten“ die Rede ist, geht es um etwas, das sich nach außen hin abgeschlossen anfühlt. Ein Wohlfühlraum, in dem sich Menschen mit ähnlichen Interessen und Weltbildern bewegen. Es gibt wenige Streitpunkte; außer vielleicht Diskussionen über die nächste gemeinsame Aktion.

Aber es gibt sie sehr wohl, die Konflikte – meist sind sie größer als wir annehmen.

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Es wird sich außerhalb unserer Blasen nichts ändern, wenn wir unsere internen Diskussionen nicht auch in die Welt da draußen tragen und unsere Gespräche weiterhin exklusiv gestalten (z.B. durch Sprache).

Ich habe das Gefühl, dass wir uns gegenüber Kritik verschließen. Wir leisten in unserer Freizeit wertvolle Arbeit, sitzen in Plena, engagieren uns in der Geflüchtetenhilfe oder in queeren Projekten. Dass dadurch internalisierter Rassismus und geschlechtliche Normvorstellungen nicht einfach verschwinden ist schmerzhaft. Wir müssen uns eingestehen, dass wir nicht perfekt sind. Weder in unserer Sprache, noch in unserem Handeln.

Es ist wichtig, zu verstehen und zu benennen, dass es auch in linken Kreisen Sexismus, Rassismus, Ableismus und andere Diskriminierungsformen gibt. Wenn du jetzt denkst: Ja, ich kenne da wen…

...kann ich dir sagen: Ja! Dich zum Beispiel!

Tut weh zu lesen? Tut auch weh zu schreiben! Denn ich schließe mich nicht aus. Ich konfrontiere mich. Tagtäglich. Denn genau so und nur so kann ich etwas daran ändern. Ich lasse es zu, dass Menschen mich auf meine Sprache aufmerksam machen und führe weiterhin Diskurse, die mir zu den Ohren raus hängen. Es kostet mich Kraft, schürt potentiell Selbstzweifel und dauert. Und zwar lang. Sehr lang!

Es geht darum, Gewohnheiten umzuwerfen, Menschen zu kritisieren, zu denen ich aufblicke und mir ab und zu einzugestehen, dass Gedanken, die mir in den Kopf schießen, manchmal nicht mit meinen Utopien zusammenpassen.

Das Spannende: ich weiß, dass ich mittlerweile wichtige Veränderungen angestoßen habe. Trotzdem tun sich bei jedem Schritt in die Richtung, die ich für richtig halte, weitere Baustellen auf.

Mein Ansatz: Höre Betroffenen zu, schaffe ihnen Rederäume, nehme sie ernst und ihre Kritik an. Außerdem: Höre aufmerksam deinen Gedanken zu. Schäme dich nicht, sondern sei froh, dass du Probleme erkennst! Und dann steh dazu und frag andere nach Hilfe. Denn nach etlichen Gesprächen, die mir echt nicht leicht gefallen sind, kann ich dir versichern: es geht allen Menschen so, die sich auf diesen immens wichtigen Prozess einlassen!

Lass uns doch hier beginnen: Wir alle sind (politisch) imperfekt und werden es vermutlich auch bleiben. Ist das schlimm? Nein! So lange wir das nicht vergessen, bereit sind zu Lernen und das Beste aus uns machen.

 

Von Carla